Die unterschätzte Rolle des Zuhörens

Nach einem langen Trainingstag ist uns oft nicht zum Sprechen oder Plaudern zumute. Unsere Stimmbänder sind müde und wollen eine kleine Pause. 
Vor kurzem ist es uns wieder passiert: wir waren am Abend noch eingeladen. Unsere Gesprächspartnerin war sehr redefreudig, wir haben einfach zugehört. Das Faszinierende in solchen Situationen ist, dass unsere Gesprächspartner:innen sich dann oft für das tolle „Gespräch“ bedanken. 

Wer anderen Menschen gut zuhört, wird laut einer aktuellen Studie als neugierig, einfühlsam und emotional intelligent eingeschätzt.
Die Zuhörenden selbst fühlen sich leistungsfähiger, pflegen erfüllendere Beziehungen und fühlen sich wohler bei der Arbeit.

Wie Sie ein besserer Zuhörer oder Zuhörerin werden, darum geht es heute.

Die meisten Menschen hören nicht zu, um zu verstehen, sondern um zu antworten. (Stephen R. Covey)

Momo und das Zuhören
„Was die kleine Momo konnte wie keine andere, das war: zuhören.
Das ist nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum.
Wirklich zuhören können nur ganz wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig. Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanke kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und Anteilnahme.
Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten. Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten.
Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden. Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf den es überhaupt nicht ankommt und der ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf – und er ging hin und erzählte alles das der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.
So konnte Momo zuhören!“ (Michael Ende, Momo)

Gutes Zuhören ist eine unterschätzte Fähigkeit

Gutes Zuhören ist selten geworden. Wir leben in einer Welt, in der wir ständig vieles gleichzeitig machen. 
Wir schauen uns einen Film an und surfen gleichzeitig durch unsere Social Media Kanäle. Wir reden miteinander und checken nebenbei unsere Nachrichten. Wir telefonieren und schreiben nebenbei noch rasch ein E-Mail. 

Unser Gehirn tut sich jedoch mit Multi-Tasking schwer. Nur eine der Tätigkeiten steht im Fokus, die andere nicht.

Was können wir tun, um besser zuzuhören?

1. Seien Sie Präsent

Schenken Sie Ihren Kund:innen und Kolleg:innen am Telefon, im Online-Call oder im persönlichen Gespräch Ihre ganze Aufmerksamkeit. 
Probieren Sie es doch mal aus: führen Sie ein Gespräch mit ganzer Aufmerksamkeit und eines, bei dem Sie nebenbei noch etwas tun. Sie werden den Unterschied deutlich bemerken.

  • Im persönlichen Gespräch halten Sie Blickkontakt und nicken bestärkend
  • Beim Telefonieren machen Sie Ihr Zuhören hörbar und sagen immer wieder „Mhm“, „verstehe“, „okay“
  • Beim Online-Meeting nicken Sie oder nutzen Sie die „Reaktionen“ Ihres Online-Tools

2. Spiegeln Sie

Passen Sie sich ein kleines bisschen an Ihre Gesprächspartner:innen an – spiegeln Sie natürlich NUR positives Verhalten.

  • Setzen oder stellen Sie sich ähnlich hin und gestikulieren Sie ähnlich
  • Geben Sie hin und wieder ein „Echo“ – Sie wiederholen dabei nur ein bis zwei Worte, die Ihr Gegenüber gesagt hat
  • Passen Sie Ihre Stimme und Sprechweise an – Tempo, Pausen und Stimmmodulation
  • Wenn Sie mögen, können Sie auch spiegeln, ob Sie Dialekt oder eher Hochdeutsch sprechen

Menschen, die uns ähnlich sind, empfinden wir als sympathischer und auch empathischer. Wir fühlen uns besser verstanden und verstehen auch den Inhalt des Gesprächs besser.

3. Schenken Sie Zeit

Gerade, wenn Mitarbeiter:innen sehr erfahren in ihrem Metier sind, wissen sie häufig, wie das Anliegen am besten gelöst werden könnte. Deshalb unterbrechen sie oft, um das Gespräch zu verkürzen und bieten gleich eine Lösung an.
Geben Sie Ihrem Gegenüber Zeit, dessen Gedanken und Anliegen in Worte zu fassen. Das kann ganz schön herausfordernd sein, nicht umsonst heißt es „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.“ 
Unsere inneren Bilder oder Geschichten zu erzählen braucht Konzentration, Zeit und Aufmerksamkeit. Dabei wollen wir nicht unterbrochen werden. 

4. Rückformulieren Sie oder fassen zusammen

Wie zeigen wir, dass wir gut zugehört haben?
Fassen Sie am besten das Gehörte kurz zusammen. Nehmen Sie auf das Gesagte Bezug und fragen nach, ob es so gemeint war.
Das kann schwierige Gespräche verlangsamen und versachlichen. Oft stimmt es unsere Gesprächspartner:innen positiver, sie fühlen sich besser verstanden und sind bereit für eine Lösung.

5. Zeigen Sie Verständnis für die emotionale Lage Ihrer Gesprächspartner:innen

Wenn Menschen emotional sind, hilft es, wenn wir Verständnis zeigen. 
Im letzten Newsletter haben wir ausführlich über diese Methode und den „Zaubersatz“ geschrieben.

Zuhören können wir (wieder) lernen

Kennen Sie Bilder von Kindern, die mit offenen Augen, Ohren und Mündern einer Geschichte zuhören? Sie sind ganz dabei und aufmerksam. In uns allen steckt noch dieses Kind. 
Wenn wir älter werden, überrollen uns die vielen verschiedenen Anforderungen an uns und wir geraten häufig in die Falle des Multitasking. 
Kitzeln Sie Ihre Fähigkeit des „kindlichen Zuhörens“ wach und nutzen Sie diese auch als Erwachsene:r.

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